Modern und jung
Modern und jung

Modern und jung

Ich habe den Fehler gemacht und diesen Text gelesen. Obwohl ich absolut nüchtern und durchaus bei Sinnen war, habe ich ihn nicht verstanden und musste ich ihn also noch einmal lesen. Und noch einmal. Hilft alles nichts: Noch immer habe ich nicht den blassesten Schimmer, warum es  „kriselt“ beim „DSDS-Liebespaar“ (ob das bald als Ausbildungsberuf gilt?), das offenbar aus Erwin Kintop und Lisa Wohlgemuth besteht. Da steht: „Sie wollen erst einmal Abstand. Beziehungsstatus im Moment: Es ist kompliziert.“ Dann wird Erwin Kintop zitiert: „Klar sind da noch Gefühle da, aber es ist halt kritisch in der Hinsicht, dass man halt jetzt erst mal nachdenken muss über alles.“ Fassen wir zusammen: Das mit dem Abstand ist kritisch in der Hinsicht, dass man jetzt erst mal nachdenken muss über alles. Aber über was eigentlich?

Jeder, dem es derart an Worten und Gedanken mangelt, landet früher oder später da, wo all diejenigen landen, die sich unbedingt nach Bedeutung sehnen, aber selbst leider keine ausmachen können. Genau: beim Nationalen. So auch der Autor dieses Artikels über den hinsichtlich des Nachdenkens kritischen Abstand des „DSDS-Liebespaars“. Erwin wolle in der nächsten Show mit „viel Gefühl punkten“, heißt es. Zu deren „Motto“ (das freilich kein Motto ist, denn es lautet – Achtung, festhalten – „5x Deutsch, 5x Englisch“) hat Erwin deshalb eine klare Haltung: „Beim deutschen Song, finde ich, kann man mehr Gefühl reinbringen, weil man den Text viel besser versteht als einen englischen.“

Doch damit noch lange nicht genug des kulturpolitischen Kommentars. Überhaupt, so berichtet der Artikel weiter, seien alle TeilnehmerInnen „richtig begeistert“ davon, dass auf Deutsch gesungen werde. Das ist tatsächlich überraschend, denn Deutsch zu sprechen fällt ihnen (oder eben dem Autor dieses Textes) offensichtlich ziemlich schwer:

„Deutsche Songs sind genauso geil wie englische Songs“, so die DSDS-Kandidatin Susan Albers. Superstar-Anwärterin Beatrice Egli freut sich natürlich am meisten von allen über das Motto: „Ich freu mich, dass die Menschen draußen hoffentlich merken, dass deutsche Sprache nicht altmodisch ist, sondern dass sie auch sehr modern und jung sein.“ [sic sic sic …]

Diejenigen, die sich einreden wollten, es ginge bei DSDS um Popmusik, werden nun womöglich jammern, dass gerade ein schleichender Umbau zur Schlagersendung von statten gehe. Allein, DSDS war noch nie etwas anderes als – genau: so „modern und jung“, wie man es vielleicht nur hierzulande sein kann.

Ein Kommentar

  1. Danke für diesen Artikel. Spricht mir aus der Seele. Meine Nachbarn halten diese Sendung für eine Musiksendung und die Tochter will mir immer etwas über die Kandidaten erzählen. Da ich diese nun wirklich nicht kenne, ist das Mädchen immer ganz traurig.

    „Kann man denn wirklich ohne Fernseher leben?“ kommt dann als Frage

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