Das große Misstrauen
Das große Misstrauen

Das große Misstrauen

Im Juli des vergangenen Jahres erschien in der der ZEIT ein Artikel von Adam Soboczynski mit dem Titel „Wir glauben euch eh nicht“, der mich richtiggehend neidisch machte, da ich nicht auf die Idee dazu gekommen war. Worum es dem Autor darin geht, auch wenn er das Phänomen nicht wirklich erklären kann: dass politisches Handeln mittlerweile von vorneherein als Show betrachtet wird, die höchstens durch ein machtstrategisches Kalkül motiviert sei und der Wahrung individueller Interessen diene, aber sicher nicht im Sinne des Gemeinwohls sei. Nun ist dieses Misstrauen in die Politik alles andere als unbegründet – und doch ein unermesslicher Schaden für dieses Metier, der nicht nur ehrlichen Politikern eine Karriere in dieser Branche gleichsam verunmöglicht, sondern im Gegenzug Leuten wie Thilo Sarrazin und ihrem Ehrlichkeitsgestus des „Man wird doch wohl noch sagen dürfen“ den Weg bereitet.

Die Medien haben offensichtlich genau dasselbe Problem, auch sie werden als eine Autorität angesehen, der grundsätzlich zu misstrauen ist, eben weil sie sich als Autorität geriert. Das haben mir einerseits ein weiteres Mal die Reaktionen auf meinen Blogtext „Die Lust am Lager“ gezeigt – vor allem jene von einem gewissen Thomas Schmidt im Kommentrathread bei Meedia, der zunächst darauf abhebt, dass ich in meinem „Leben als Journalistin nicht sonderlich aufgefallen“ sei, um mir dann vorzuwerfen, dass ich nichts anderes im Sinn habe, als mein „Blog zu skandalisieren und ins Gespräch zu bringen“. Dass ich den Artikel durchaus ernst meine und mich die schnelle Öffentlichkeit einen Sch***dreck interessiert, scheint in der Vorstellungswelt dieses Kommentators schlichtweg eine Unmöglichkeit zu sein. Fast habe ich schon das Gefühl, eine ziemlich große Zahl von Menschen rezipiert Medien eigentlich nurmehr aus einem einzigen Zweck: um ihr Misstrauen in sie und damit in die Öffentlichkeit bestätigt zu sehen.

Ein perfektes Beispiel dafür gibt eine aktuelle Umfrage auf bunte.de ab. Diese Umfrage findet sich unter einem Artikel, der von angeblichen Wiederbelebungsmaßnahmen berichtet, die Indira Weis bei Jay Khan anwendete. Fakt ist: Man weiß nicht, ob das stimmt oder nicht und wird es auch nie erfahren. Was die Bunte aber weiß: „Nachdem Sänger Jay bei seiner Rückkehr in der Hotelhalle zusammengebrochen war, spekulierte ganz Deutschland: Handelt es sich schon wieder um eine filmreife Inszenierung des 28-Jährigen?“ Und anschließend – ein Hoch auf die direkte Demokratie! – lässt bunte.de abstimmen: „Glauben Sie Indira die Geschichte mit der Wiederbelebung? A) Ja, so was erfindet man doch nicht! B) Nein, dem Lügenpärchen Indira & Jay glaube ich gar nichts mehr!“ Und das Ergebnis? Ach, das spricht wieder einmal Bände über den Einfluss, den depperte Medien in diesem Land haben. Denn mit dem im Grunde erwartbaren Fifty-Fifty hat das denkbar wenig zu tun:

Die Leute lesen also Quatsch, um diesen Quatsch dann umgehend als Quatsch zu enttarnen? Seltsame Welt.

2 Kommentare

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