Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber an mir bemerke ich seit geraumer Zeit eine Art Nachrichten-Allergie. Da ich vorgestern recht lange wach war, habe ich die Nachricht von Steve Jobs´ Tod noch nachts gelesen – und war damit vorgewarnt. Und tatsächlich habe ich am Morgen danach die üblichen Online-Medien, die ich meist als erste benutze – Spiegel Online, FAZ, Facebook, GooglePlus – weiträumig gemieden, ja: gemieden wie der Teufel das Weihwasser. Ich wollte es einfach nicht wieder mitansehen müssen, dass alle sich jetzt wie Geier auf diesen Tod stürzen und irgendwas drüber schreiben, Hauptsache sie sind die Ersten und die Pathetischsten. Vermeiden kann man natürlich dennoch nicht, dass man sie trotzdem mitbekommt, all diese semantisch und ästhetisch auf dicke Hose machenden Schlagzeilen (wie etwa diese).
Und in dem Moment, wo es dann wirklich nervt, werden ebendiese Schlagzeilen von neuen Schlagzeilen neuer Artikel ersetzt, die kaum weniger auf dicke Hose machen, indem sie sich als kritisch in Szene setzten (wie etwa dieser). Überall dasselbe: Hätte es die erste Schlagzeile nicht gegeben, dann bräuchte es auch die zweite nicht. Ich mache dann einfach den Deutschlandfunk an, um mich zu beruhigen, dass es noch Journalisten gibt, die sich die Themen vornehmen, die auch was hergeben. Und sich nicht irgendwelche News aus den Fingern saugen, weil sie auf irgendeiner Ergebnisliste ganz oben stehen wollen – wo ich es dann trotzdem nicht anklicke, weil ich eben so allergisch bin darauf, dass überall dasselbe steht, und ich also am Ende lieber gar nichts mehr klicken, lesen, wissen will. Was ja nicht gerade die Funktion von Medien sein sollte.
Semantisch? Meinen Sie lexikalisch?
Ich meine vermutlich irgendwie alles bzw. die Bedeutungshuberei als solche. Das Bild mit der dicken Hose ist ja ohnehin etwas schief …
Im Deutschlandradio Kultur wurde leider die ohnehin schon grässliche Zuhöreranruf-Sendung am Nachmittag mit der Frage bestritten: „Hat Steve Jobs Ihr Leben verändert?“ Ich hoffe, im Mutterkanal DLF ging es weniger sentimental zu? Den kann ich leider gar nicht ertragen, weil dort die Nachrichten so grauenhaft redundant gehalten werden (Zusammenfassung-Nachricht-Zusammenfassung, fehlt nur noch jemand, der die Hörer abtelefoniert und fragt, ob sie sich auch alles gemerkt haben).
Ich muss also gestehen: Die Relevanz schert mich gar nicht so sehr. Mir geht die Wiederholerei auf den Nerv.
Das spricht mir aus der Seele – das Wort „Nachrichtenallergie“ finde ich gut. Ich war gerade drei Wochen in den USA, wo ich nur alle paar Tage einmal auf SZ, SPON und einige andere deutsche Websites geklickt habe, statt wie vorher mehrmals am Tag – und siehe da, auch dadurch fühlte ich mich recht gut informiert (zumindest oberflächlich).
Ich finde im Übrigen auch, dass es online zwar immens viele Nachrichten, bzw. Nachrichteninhalt (mit zunehmend eher weniger gelungenen Überschriften) gibt, der Informationsgehalt aber zumeist nicht besonders hoch ist. Hauptsache, man gibt zu allem seinen Senf dazu, gerne recycelt man bereits veröffentlichte Text nach einem halben Tag, fügt eine neue Überschrift dazu und schon hat man wieder etwas Neues um die Klickzahl zu steigern.