Nein, Männer sind aktuell wirklich nicht zu beneiden. Nachdem die Medienlandschaft sie viele Dekaden mehr oder weniger erfolgreich ignoriert und in glücklicher Ruhe gelassen hatte, um sich beinahe ausschließlich den Frauen zu widmen, wurden mittlerweile auch sie zur Zielgruppe auserkoren.
Jahrhundertlang wussten Männer genau, dass ihre vordringliche Aufgabe darin besteht, die Familie zu ernähren; doch Alleinverdiener-Haushalte gehören der Vergangenheit an, weil Frauen ebenfalls Bestätigung im Beruf suchen und außerdem ein einziges Gehalt oft nicht mehr ausreicht, um einen mehrköpfigen Haushalt zu finanzieren. So bröckelte die Definition des Mannes als Patriarch langsam aber sicher weg – und etwas Neues musste her.
Da mit männlichen Identitätsangeboten endlich Geld zu machen war, ließen sich die Verlage naturgemäß nicht allzu lange bitten. „Men’s Health“, „GQ“, „FHM“, „Maxim“, „Amico“, „Matador“ und wie die Magazine alle heißen, die die Eintrittsschwelle ähnlich niedrig halten wie ihre Schwesterblätter mit den meist noch sinnloseren Namen, entstanden fast allesamt in den neunziger Jahren. Man hoffte schon, das Blabla von der Metrosexualität hörte bald wieder auf und die Medien würden irgendwann vielleicht doch noch verstehen, dass sowohl Männer als auch Frauen anderes benötigen als die Reduktion auf ihre Geschlechtlichkeit und den ewigen Sermon vom ach so Typischen.
Doch nein, das Unternehmen RTL setzt der Entwicklung im Jahr 2012 tatsächlich noch die Krone auf und hat am 1. April einen Männersender aus der Taufe gehoben. Wobei der sich freilich nicht als „Männersender“ bezeichnet, sondern als „Fernsehen für Helden“. Sein Name: RTL Nitro. Seine zentralen Merkmale laut Selbstdarstellung: „hochwertige Unterhaltung“, „männerorientierter Programm-Mix“ und „perfekte Portfolio-Ergänzung“. Das Problem: Nichts davon ist wahr.