Unser erstes digitales Pubquiz
Unser erstes digitales Pubquiz

Unser erstes digitales Pubquiz

Wer mehrere Wochen auf dem Land in England verbringt, der landet unweigerlich früher oder später mitten in einem Pubquiz. Da will man, nur so ein Beispiel, Montagabend noch schnell etwas Essen gehen in der einzigen Kneipe am Ort – und findet dort ein überraschend volles Haus vor, wird herzlich begrüßt von allen Seiten und vom Barkeeper in die Regeln dieses Abends eingeführt: An einem Pubquiz kann man alleine oder – besser und üblich – als Team teilnehmen, es gibt mehrere Runden mit jeweils etwa zehn Fragen zu verschiedenen Wissensgebieten, das Siegerteam gewinnt am Ende eine Flasche Prosecco oder ähnliches. Der Erlös des Abends – die Teilnahmegebühr beträgt kaum je mehr als zwei, drei Pfund – geht üblicherweise an eine lokale (oder wenigstens: britische) Wohltätigkeitsorganisation.

An Quiznight-Abenden finden sich gefühlt alle Bewohner*innen des Dorfs im Pub ein, an jedem Tisch ein Rateteam, darunter die Dorfteenieclique, der Seniorenclub, die Nachbarsfamilie. Nach jeder Frage des Quizmasters wird an den Tischen leise getuschelt – und zwischen den Tischen liebevoll hin und her gepiesackt.

Bei einem Pubquiz kann man nicht nicht mitmachen

Wer also begreifen will, wie local communities funktionieren, der kann bei einem Pubquiz einiges lernen: über die Bildung von Gemeinschaft im Dialog, über spielerische Wissensvermittlung und -sicherung sowie über den Wert von Vielfalt und Diskurs im lokalen Alltag. Bei einem Pubquiz kann man by the way nicht nicht mitmachen: Freilich darf man an diesen Abenden auch ’nur‘ etwas essen im Pub und spart sich damit sogar die Teilnahmegebühr. Aber die Kirmes-Stimme des Quizmasters lässt sich nunmal nicht überhören, und so kommt man kaum umhin, auch am eigenen Tisch die eine oder andere Frage zu debattieren. „Whether you are on holiday or a local resident, everyone is welcome. Come and have a drink and test your knowledge, it’s great fun.“ heißt es auf der Webseite von The Rising Sun Inn in Portmellon, wo ich mein erstes Pubquiz erleben durfte. Und wirklich jedes Wort davon ist wahr.

Als wir in der Münchner Stadtbibliothek überlegten, wie wir die letzte Führungskräfterunde des Jahres 2021 gestalten könnten, war mithin schnell klar: Wir machen ein Pubquiz. Natürlich digital. Und das ging so:

Zuerst galt es, ein Organisationsteam für alle anfallenden Aufgaben zu bilden. Da das Pubquiz eine Überraschung sein sollte, akquirierten wir unter strenger Geheimhaltung etwa 20 Kolleg*innen aus dem „Mittelbau“. Ein Teil davon kümmerte sich um Fragen und Antworten, eine andere Gruppe schrieb den Ablaufplan für die zweistündige Webex-Sitzung. Zwei Kolleginnen übernahmen die Ko-Moderation, ein Dutzend weitere fungierten als Quizmaster*innen. Denn darin bestand die erste digitale Hürde: Wie bringen wir die Fragen gleichzeitig in die einzelnen Teilgruppen?

Fragen über Fragen

Die Führungskräfterunde der Münchner Stadtbibliothek besteht aus über 60 Mitarbeitenden, so dass wir mit zehn bis zwölf Teams rechneten, die sich allerdings nicht selbst formieren sollten – dafür hätte die Zeit nicht gereicht –, sondern zufällig von unserem Videokonferenztool Webex in Teilgruppensitzungen verschoben wurden. Webex bietet zwar die Möglichkeit, Nachrichten in die Teilgruppen zu senden, doch dieses Vorgehen schien uns zu unsicher: Woher wissen wir, ob die Nachricht gut ankommt, sofort bemerkt und lange genug eingeblendet wird? Was machen wir, wenn es in den Teilgruppen zu technischen Problemen kommt? Senden wir im regelmäßigen Drei-Minuten-Takt, auch wenn manche Fragen sich deutlich schneller beantworten lassen als andere?

Letztendlich entschieden wir uns, in jede Teilgruppe einen Moderator bzw. eine Moderatorin zu senden, der/die die Fragen via Präsentation einblendet, auf die Zeit achtet und darüber hinaus die Antworten der Gruppe sowie die zugehörigen Punkte notiert. Nach jeder Runde traf sich das gesamte Plenum im Hauptraum wieder, wir fragten bei den Moderator*innen die Punkte der einzelnen Teams ab und verkündeten das aktuelle Ranking. Und ab in die nächste Runde …

And the winners are: die Zimtsterne

Auch die Namen der Teams, die im Original-Pubquiz naturgemäß von diesen selbst gewählt werden, haben wir aus Zeitgründen vorab bestimmt. Die Idee, unsere Teams nach Plätzchensorten zu benennen, entstand in vorweihnachtlicher Laune, erwies sich aber als herrliche Entscheidung – weil´s einfach zu charmant zu sehen und zu hören war, wie die Team-Moderator*innen zu Hochform aufliefen, als es galt, die Leistungen ihrer Teams zu präsentieren. Gewonnen haben am Ende übrigens die Zimtsterne.

Da wir keinen langen Abend zur Verfügung hatten, sondern zwei Stunden, planten wir drei Runden à 20 Minuten und à sechs Fragen. Aufgrund eines technischen Problems zu Beginn gab es ein paar Minuten Verzögerung, und just jene paar Minuten haben wir am Ende überzogen. Will sagen: Die Planung ging auf. Drei Minuten pro Frage ist in einem digitalen Pubquiz ein guter Richtwert, auch weil dem Team – wie beim Original – am Ende jeder Runde ein wenig Zeit bleibt, um noch einmal über die Fragen zu schauen, die man nicht oder womöglich nicht richtig beantworten konnte. Zeitlich knapp wurde es bei uns jedenfalls in keiner Gruppe.

How much is the fish?

Die drei Runden trugen die Überschriften „I like to move it“, „How much is the fish?“ und „Bird on a Wire“, in der ersten ging es um Bewegung, in der zweiten um harte Fakten, in der dritten um Technik und Digitales. Jede Runde war ähnlich aufgebaut. Es begann stets mit Allgemeinwissen – neue Sportarten bei den Olympischen Spielen, Jugendwort des Jahres, Amtseinführung Joe Biden – und endete bei Spezialwissen über die Münchner Stadtbibliothek: Wie viele Kolleg*innen sind 2021 neu dazu gekommen, wie viele haben uns verlassen (27/41)? Wie viele Vor-Ort-Besuche verzeichnete die Münchner Stadtbibliothek im dritten Quartal 2021 (571.020)? Wie viele Wahlhelfer*innen stellte die Münchner Stadtbibliothek bei der Bundestagswahl (ca. 50)? Wie viele Klicks verzeichnete die Intranetseite der Münchner Stadtbibliothek in der Woche vom 22. bis 28. November 2021 (6.727)? Bei manchen Fragen boten wir Multiple-Choice-Antworten an, bei anderen musste das Team die Antwort allein finden.

Handys und Internet waren – wie beim Original-Pubquiz – freilich verboten, hätten aber beim Spezialwissen vermutlich ohnehin wenig geholfen. Und genau dieses Wissen war uns auch das wichtigere. Denn mit dem Pubquiz wollten wir nicht nur den Führungskräften einen entspannten und hoffentlich unterhaltsamen Vormittag bescheren (was zweifellos im Vordergrund stand), sondern zudem auf wieder einmal andere Weise das Gespräch und die Reflexion über die Münchner Stadtbibliothek und deren Erfahrungen im Jahr 2021 in Gang bringen. Das scheint beides geglückt zu sein, und daher gehen am Ende noch a few special thanks to The Rising Sun Inn, Portmellon, and The Three Crowns, Brinkworth/Chippenham.

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